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Freiwillige Mitarbeiter auf einer archäologischen Ausgrabung in Wales (Bild: © Prifysgol Bangor University 2013; http://meillionydd.bangor.ac.uk)

Archäologische Interessen der österreichischen Bevölkerung

Im Rahmen eines Forschungsprojekts der Prifysgol Bangor University (http://www.bangor.ac.uk/history) unter Leitung von Prof. Raimund Karl wurde im November 2013 - Jänner 2014 gemeinsam mit Studierenden des Individuellen Diplomstudiums Keltologie der Universität Wien im Rahmen zweier vom Hauptautor des Berichts geleiteten Lehrveranstaltungen an der Universität Wien (https://linguistik.univie.ac.at) eine Studie zur Ermittlung archäologischer Interessen der österreichischen Bevölkerung durchgeführt.

Die Datengrundlage für die Studie bildet eine von hauptsächlich den Studierenden der Universität Wien durchgeführte Umfrage unter einem Sample von 500 zufällig ausgewählten ÖsterreicherInnen. Die mittels eines standardisierten Fragebogen durchgeführte Umfrage konzentrierte sich dabei auf die Bestimmung der Stärke des Interesses an und Einschätzung der Wichtigkeit von Archäologie durch die österreichische Bevölkerung; die Bestimmung der in der österreichischen Bevölkerung verbreiteten Vorstellung zur Bedeutung des archäologischen Denkmalsbegriffes; der Bestimmung der Interessen der österreichischen Bevölkerung an aktiver Beteiligung im archäologischen Forschungs- und Vermittlungsprozess; und der Bestimmung der Interessen der österreichischen Bevölkerung an aktiven Mitspracherechten bei archäologischen Entscheidungen.

Das bedeutendste Ergebnis unserer Studie ist, das ca. 85% der ÖsterreicherInnen Archäologie für wichtig oder sehr wichtig halten, während nur eine sehr kleine Minderheit von ca. 5% Archäologie für wenig oder gar nicht wichtig hält (ca. 10% sind unentschieden). Ein weiteres bedeutendes Ergebnis der Studie ist, dass das Interesse der österreichischen Bevölkerung an Archäologie durchaus als hoch einzuschätzen ist: etwa 26% der ÖsterreicherInnen interessieren sich stark oder sehr stark, ca. 35% mittelmäßig und nur eine Minderheit (ca. 39%) wenig bis gar nicht für Archäologie.

Die wesentlichsten Ergebnisse der Studie zur Bestimmung der Bedeutung des Begriffs ‚archäologisches Denkmal‘ durch die österreichische Bevölkerung sind, dass sowohl in der subjektiven als auch der auf Basis objektiver Kriterien erfolgenden Bestimmung der Bedeutung des Begriffs in erster Linie die historische Bedeutung eines Gegenstandes und in zweiter Linie sein absolutes Alter als entscheidende Kriterien herangezogen werden. Andere Kriterien spielen hingegen kaum eine Rolle, wobei in der subjektiven Denkmalbegriffsbestimmung unbewegliche Gegenstände generell eher als Denkmale wahrgenommen werden als bewegliche Gegenstände. Von besonderer Relevanz für die Bestimmung des archäologischen Denkmalbegriffs in Österreich ist allerdings auch, dass entgegen der gesetzlichen Denkmalbegriffsbestimmung, die nur von Menschen geschaffene Gegenstände und gestaltend veränderte Bodenformationen beinhaltet, auch Gegenstände der belebten Natur (insbesondere menschliche Überreste) von einem bedeutenden Prozentsatz der österreichischen Bevölkerung als archäologische Denkmale betrachtet werden. Mehrheitlich (ca. 59%) ist die österreichische Bevölkerung der Ansicht, dass archäologische Denkmale öffentliches Gut sein sollten, nur eine Minderheit (ca. 41%) bevorzugt Privateigentum an archäologischen Denkmalen.

Ebenfalls sehr beachtenswert ist, dass ein hohes Interesse der österreichischen Bevölkerung an aktiver Mitarbeit in archäologischen Forschungs- und Vermittlungsprozessen besteht: ca. 62% der Befragten würden gerne oder sehr gerne aktiv bei Archäologie mitmachen. In diesem Bereich besteht daher ein großes Entwicklungspotential für aktive Bürgerbeteiligung an archäologischen Projekten; wobei besonders auf bereits bestehende Möglichkeiten wie z.B. die Initiative Junior- und Seniorarchäologie der Stadtarchäologie Wien (https://www.wien.gv.at/archaeologie/) hingewiesen sei. Am stärksten ausgeprägt ist dabei das Interesse an der Beteiligung bei archäologischen Ausgrabungen (ca. 41% der Befragten).

Etwa 20% der Befragten hätten auch Interesse an (verstärkten) Mitspracherechten in archäologischen Entscheidungen. Die größte Anzahl der Befragten (ca. 47%) traut sich allerdings die Ausübung von Mitspracherechten aufgrund mangelnder Kenntnisse nicht zu. Beachtenswert ist dabei allerdings, dass eine deutliche Korrelation zwischen Interessensstärke an Archäologie und dem Wunsch nach Mitspracherechten bei archäologischen Entscheidungen besteht: etwa 73% der Befragten, die angaben sich sehr stark für Archäologie zu interessieren, hätten auch gerne oder sehr gerne Mitspracherechte bei archäologischen Entscheidungen; jene die angaben sich gar nicht für Archäologie zu interessieren haben hingegen überhaupt kein Interesse an solchen Mitspracherechten.

Insgesamt betrachtet zeigen die Ergebnisse der Studie, dass die österreichische Bevölkerung ein starkes Interesse an Archäologie hat; und Archäologie auch generell sehr positiv beurteilt: dies zeigt nicht zuletzt das hohe Interesse an aktiver Beteiligung an archäologischen Tätigkeiten. Der österreichischen Archäologengemeinschaft kann daher zu ihren hervorragenden Leistungen bei der öffentlichen Vermittlung der Bedeutung des österreichischen archäologischen Erbes gratuliert werden; mit der eine ausgezeichnete Basis für noch zusätzlich verbesserte Vermittlungs- und Beteiligungsprogramme geschaffen wurde, an deren Entwicklung derzeit unter der Ägide des Bundesdenkmalamtes (http://www.bda.at) intensiv gearbeitet wird.

Volltext des Studienberichts.